Modernste Technologie als Grundlage für Erfolge in der Kataraktchirurgie, Teil 1
Die optimale Vorbereitung für erfolgreiche Katarakteingriffe
Der Erfolg in der Kataraktchirurgie hängt von zahlreichen Faktoren ab. Diese Faktoren beeinflussen zudem die Erfahrung der Patientinnen sowie der Ärzte und ihren OP-Teams. In dieser vierteiligen interaktiven Reihe geben führende Kataraktchirurgen Einblicke in Strategien, wie die Ergebnisse der Kataraktchirurgie optimiert werden können. Die Reihe beginnt mit Empfehlungen für eine sorgfältige präoperative Untersuchung: Wie kann diese dabei helfen, den Eingriff zu planen, das Risiko von intraoperativen Komplikationen zu minimieren und die gewünschten Visusergebnisse zu erzielen? In den weiteren Beiträgen der Reihe geht es um technologische Entwicklungen, die zu mehr Sicherheit, Effektivität und Effizienz führen.
Teil 1: Die optimale Vorbereitung für erfolgreiche Katarakteingriffe
Wie in jedem Fachbereich bieten auch in der Kataraktchirurgie neue Technologien die Möglichkeit, bessere Operationsergebnisse zu erzielen. Dennoch hängt der Erfolg eines Eingriffs nach wie vor davon ab, inwieweit der Chirurg bei Planung, Operation und Nachversorgung die ganz zentralen Grundsätze des Berufsstands einhält.
Die ordnungsgemäße Planung ist die Grundlage einer sicheren und effizienten Operation. Sie ist gerade bei komplexen Fällen von größtmöglicher Bedeutung, spielt aber ebenso bei vermeintlichen Routineeingriffen eine große Rolle. Mit einer gründlichen diagnostischen Beurteilung ist die Chirurgin bzw. der Chirurg in der Lage, einen reibungslosen Eingriff vorzubereiten und das Risiko von Komplikationen schon vorab zu minimieren. Während der Operation können die fortschrittlichen Tools moderner Phakoemulsifikationssysteme die Sicherheit des Eingriffs weiter verbessern. Doch ganz gleich, welche Technologie verwendet wird: Kein System kann allen Komplikationen vorbeugen. Deswegen hängen gute Ergebnisse noch immer von den Fähigkeiten und der Erfahrung des Chirurgen ab (Abbildung 1).
Präoperative Beurteilung
Für das Erzielen der gewünschten Refraktions- und Visusergebnisse ist eine gründliche Untersuchung unerlässlich. Nur so lassen sich Pathologien erkennen, die den Eingriff erschweren oder das Ergebnis beeinträchtigen könnten, vorab Maßnahmen zur Behandlung therapierbarer Krankheiten ergreifen und natürlich präzise biometrische Messdaten für die IOL-Berechnung ermitteln. Diese Untersuchungen erfordern den Einsatz entsprechender diagnostischer Systeme.
In den letzten Jahren wurde die Bedeutung der Erkennung und Behandlung von Erkrankungen der Augenoberfläche für ein optimales Ergebnis der Kataraktchirurgie immer mehr erkannt. Die Hornhaut ist für gut zwei Drittel der Brechkraft des menschlichen Auges verantwortlich. Daher ist die Beurteilung ihrer optischen Qualität insbesondere vor einem refraktiven Linsenaustausch absolut unerlässlich, um qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen. Moderne Hornhauttopographie-Systeme, die solche Beurteilungen sogar inklusive der Analyse der Vorder- und Rückfläche ermöglichen, gehören zu den wichtigsten Systemen für die Auswahl des geeigneten IOL-Typs für den jeweiligen Patienten.
Das funktionelle Ergebnis kann beispielweise auch durch eine Erkrankung der Makula beeinträchtigt werden. So kann die kataraktbefallene Linse bei einer Spaltlampenuntersuchung die Sicht auf den hinteren Augenabschnitt einschränken. Zur Debatte steht daher, die optische Kohärenztomographie (OCT) der Makula in den routinemäßigen präoperativen Untersuchungskatalog mitaufzunehmen. Auch moderne Biometer können Chirurginnen und Chirurgen in ihrem Arbeitsalltag unterstützen. So bietet der ZEISS IOLMaster 700 mit seiner Swept-Source-OCT-Technologie beispielsweise eine Fixationskontrolle, für die eine kleine Aufnahme der Makula erstellt wird.
Eine weitere Pathologie, auf die bei der sorgfältigen präoperativen Untersuchung geachtet werden sollte, ist die Zonularfaserinsuffizienz. Diese erhöht beim Eingriff das Risiko einer Kammerinstabilität und anderer Komplikationen. Ferner sollte das Vorliegen dieser Pathologie auch bei der Wahl der IOL beachtet werden. Wenn die Zonulafasern schwach sind oder erste Anzeichen einer Schwächung zeigen, muss eine IOL mit Dezentrierungstoleranz in das Auge implantiert werden, um eine langfristig gute Visusqualität für den Patienten bzw. die Patientin zu erzielen.
Auch eine kleine Pupille erhöht das Risiko intraoperativer Komplikationen – aber auch hier kann die Wahrscheinlichkeit unerwünschter Ereignisse durch eine sorgfältige Planung reduziert werden. Bereits vor der OP sollten Chirurgen prüfen, wie gut die Pupille auf Augentropfen zur Dilatation reagiert, und ermitteln, ob bei dem Patienten Risikofaktoren für das intraoperative Floppy-Iris-Syndrom (IFIS) oder eine intraoperative Pupillenverengung bestehen.
Das Grading der Katarakt ist ein weiterer wichtiger Schritt bei der präoperativen Untersuchung. Nur durch Kenntnis der Linseneigenschaften ist es dem Chirurgen möglich, die richtige Operationstechnik und die geeigneten Einstellungen für das Phakoemulsifikationssystem zu wählen und so einen effizienten sowie sicheren Eingriff durchzuführen. Am häufigsten wird für die Beurteilung der Katarakthärte das Lens Opacities Classification System (LOCS) III herangezogen, meist jedoch nicht in vollem Umfang angewandt. Außerdem erfasst dieses System auch nicht weit fortgeschrittene Katarakte, welche aber die größte Herausforderung für den Chirurgen darstellen. Aus diesem Grund haben wir das BCN10-System entwickelt. Bei dieser einfachen Klassifikation konzentrieren wir uns auf den Härtegrad des Nucleus, da dieser am besten geeignet ist, um die Komplexität der Operation vorherzusagen.1 Auch wenn die globale Bedeutung der BCN10-Skala noch nicht abschließend beurteilt werden kann, konnten wir bei der Anwendung bereits eine gute Intra- sowie Interobserver-Wiederholbarkeit, eine hohe Zuverlässigkeit sowie eine gute Korrelation aus effektiver Phakozeit und Phakoenergie nachweisen.1
Intraoperative Faktoren zur Vermeidung von Komplikationen (Abbildung 2)
Einer der häufigsten Gründe für Komplikationen während Katarakteingriffen ist der Verlust der Kammerstabilität. Dieser kann verschiedene Ursachen haben. Die Vorderkammer kann zusammenfallen, wenn beispielsweise die Leistungsgrenze des Phakoemulsifikationssystems erreicht wird. Aber auch Faktoren auf Seiten des Arztes können zum Verlust der Kammerstabilität führen. Hektik beim Eingriff, zu hoch eingestellte Vakuum- und Aspirationswerte sowie ein mangelhafter Umgang mit den Instrumenten, der die Hauptinzision oder einen Nebenzugang beeinträchtigt, können zum Verlust der Kammerstabilität führen und sind daher unbedingt zu vermeiden.
Für den Erfolg der Kataraktoperation ist es wichtig, dass behutsam eine selbstdichtende Inzision angelegt wird (ich persönlich bevorzuge eine zweistufige Inzision). Diese muss groß genug für das verwendete Phako-Handstück sein. Eine zu weite Inzision beeinträchtigt die Vorderkammerstabilität durch die mögliche Leckage. Aber auch eine zu enge Inzision ist ein Risikofaktor für die Vorderkammer, da so der Infusionsschlauch abgeschnürt werden könnte. Hier lässt sich die geometrische Regel zum Berechnen des Umfangs anwenden: ca. 3,14 (Pi) mal den Durchmesser. Ein Skalpell erzeugt zwei Gewebeflächen, jeweils in Größe seiner eigenen Breite (B). Somit muss der Durchmesser des Inzisionstunnels 2×B/3,14 betragen (Beispiel: ein Keratom mit 2,2 mm erzeugt einen 1,4 mm großen Tunnel, ohne Berücksichtigung der Gewebeausdehnung).
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Barraquer RI, Pinilla Cortés L, Allende MJ, et al. Validation of the nuclear cataract grading system BCN 10. Ophthalmic Res. 2017;57(4):247-251.