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Die Rolle der OCTA im Management von AMD und geografischer Atrophie

27 Juli 2023 · 5 Min. Lesedauer

Die Rolle der OCTA im Management von AMD und geografischer Atrophie

Die neovaskuläre Form der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) macht 10 % aller AMD-Fälle aus, ist aber für bis zu 90 % aller Fälle mit AMD-bedingter Erblindung verantwortlich.¹ Diese überproportionale Zahl ist der Grund, aus dem alle Ärzte bei der Betreuung von AMD-Patienten besonders wachsam sein müssen: Es gilt, eine Neovaskularisation frühzeitig zu erkennen und unverzüglich die Behandlung einzuleiten. Die OCT hat die Erkennung und das Management der neovaskulären AMD revolutioniert. Doch Systeme für die OCT-Angiografie (OCTA) wie CIRRUS AngioPlex® von ZEISS verbessern kontinuierlich die Möglichkeiten der ophthalmologischen Bildgebung und ermöglichen damit eine noch bessere Versorgung der betroffenen Patienten.

Vorteile der OCTA bei der altersabhängigen Makuladegeneration

Im Gegensatz zur Angiografie mit Kontrastmitteln (z. B. die Fluoreszenzangiografie, bei der die retinale Gefäßstruktur über ein injizierbares Kontrastmittel und Anregungssignale abgebildet wird) ist die OCTA ein nichtinvasives Verfahren für das Imaging des Gefäßsystems im Auge. Die OCTA nutzt bewegungsbedingte Varianzen von Erythrozyten, um tiefenkodierte Bilder der Netzhaut- und Aderhautgefäße zu erfassen. Da die OCTA weder durch eine Kontrastmittelanreicherung noch eine Signalabschwächung durch Makulapigmente beeinträchtigt wird, eignet sie sich besonders, um Makulagefäße detailgetreu abzubilden. Aus diesen Gründen ist die OCTA eine äußerst effektive Imaging-Methode für die Erkennung und Nachverfolgung einer Makula-Neovaskularisation (MNV). [DE1] Im Gegensatz zu strukturellen OCT-Scans der Netzhaut, die im Querschnitt analysiert werden, werden OCTA-Scans als En-Face-Schichtaufnahmen beurteilt. OCT-Angiogramme liefern strukturelle OCT-Daten und vaskuläre OCTA-Daten, die gleichzeitig analysiert werden können. Diese Kombination aus angiografischen und strukturellen Daten ermöglicht die Visualisierung der MNV zusammen mit den resultierenden strukturellen OCT-Veränderungen, die üblicherweise betrachtet werden.

  • OCT-Angiogramm einer exsudativen Makula-Neovaskularisation

    Abbildung 1: OCT-Angiogramm einer exsudativen Makula-Neovaskularisation. Die obige Abbildung zeigt die neovaskuläre Läsion in einer En-Face-Ansicht, während die Bilder unten die Querschnittstruktur darstellen.

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Eine Fluoreszenzangiografie mit Kontrastmittel gilt oft noch als Goldstandard für die Erkennung einer MNV bei AMD, doch weil dieses Verfahren invasiv ist, wird es meist nur bei Patienten durchgeführt, bei denen ein relativ dringender Verdacht auf MNV besteht. Doch auch in bestimmten uneindeutigen Fällen oder bei stark erhöhtem Risiko kann ein MNV-Screening erforderlich sein, auch wenn diese Fälle nicht den Schwellenwert für die Durchführung einer Fluoreszenzangiografie erreichen. Und genau für diese Fälle gibt es die OCTA.

Bei Augen mit intermediärer AMD und intraretinaler hyperreflektiver Foci, sowohl mit großen Drusen als auch mit Pigmentveränderungen, oder mit neovaskulärer AMD im zweiten Auge ist das Risiko eines Übergangs zur neovaskulären AMD besonders hoch. Diese hochgefährdeten Augen mit intermediärer AMD sollten sorgfältig überwacht werden. Dazu ist ein MNV-Screening ratsam, damit eine etwaige neovaskuläre AMD frühzeitig erkannt wird.

Nicht-exsudative Makula-Neovaskularisation

Mit Einführung der OCTA wurde eine neue Form der MNV beschrieben: die nicht-exsudative MNV. Die nicht-exsudative MNV ist eine asymptomatische Form der MNV mit minimalen Veränderungen der Netzhautarchitektur ohne Flüssigkeit, Blutungen oder Exsudation. Die nicht-exsudative MNV wird teilweise als Vorstufe der exsudativen MNV angesehen (Standardform der MNV mit Flüssigkeit, Blutungen und/oder Exsudation), da es bei bis zu 80 % der nicht-exsudativen MNV-Patienten innerhalb von zwei Jahren zum Übergang zu einer exsudativen MNV kommt.2 OCTA ist entscheidend für die Diagnose und das richtige Management dieser Fälle: Während die nicht-exsudative MNV bei der Funduskopie, der Farbfundusfotografie und sogar der Fluoreszenzangiografie leicht zu übersehen ist, kann sie mit der OCTA problemlos dargestellt werden.

  • OCT-Angiogramm einer exsudativen Makula-Neovaskularisation in der ORCC-Schicht

    Abbildung 1: OCT-Angiogramm einer exsudativen Makula-Neovaskularisation. Die obige Abbildung zeigt die neovaskuläre Läsion in einer En-Face-Ansicht, während die Bilder unten die Querschnittstruktur darstellen.

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Die Bedeutung der frühzeitigen Erkennung einer Makula-Neovaskularisation

Das Screening mit der OCTA ist besonders bei Hochrisikopatienten mit intermediärer AMD und nicht-exsudativer MNV wichtig, da die MNV mit einer Geschwindigkeit von 26 μm pro Tag fortschreiten und einen verheerenden Sehkraftverlust hervorrufen kann.3 Daten aus der Praxis zeigen, dass die durchschnittliche Sehschärfe bei Einleitung einer Therapie der neovaskulären AMD bei 20/83 liegt.⁴ In Anbetracht der Tatsache, dass der Durchschnittspatient schon seit mehr als einem Jahr vor Behandlungsbeginn an einer exsudativen neovaskulären AMD leidet, ist es keine Überraschung, dass Patienten mit intermediärer AMD 3–5 Zeilen ihrer Sehschärfe verlieren, bevor die neovaskuläre AMD diagnostiziert wird.5 Studien zeigen, dass Patienten mit exsudativer neovaskulärer AMD mit besserem Anfangsvisus zu Behandlungsbeginn auch oft einen besseren Endvisus aufweisen.4,6 Mit den Möglichkeiten des MNV-Screenings können diese Trends hoffentlich noch verstärkt werden, sodass mehr Patienten vor einem Verlust der Sehkraft bewahrt werden.

OCTA in Zeiten der Behandlungsmöglichkeiten für geografische Atrophie

Die Anwendung der Komplementinhibition zur Behandlung einer geografischen Atrophie (GA) hat ganz neue klinische Einsatzgebiete erschlossen. Zum ersten Mal können Ärzte eine GA behandeln, statt hilflos zusehen zu müssen, wie ihre Patienten langsam ihre Sehkraft verlieren. Die Komplementinhibition verlangsamt nachweislich die GA-Progression, allerdings auf Kosten eines erhöhten MNV-Risikos. Patienten mit GA-Behandlung müssen in kurzen Abständen gescreent werden, damit eine MNV unverzüglich erkannt und eine Anti-VEGF-Behandlung eingeleitet werden kann. Mit dem seriellen OCTA-Imaging wird eine Neovaskularisation im Idealfall schon in der nicht-exsudativen Form erkannt, bevor es also zu einer Exsudation und zum Sehkraftverlust kommt. Dank neuer Protokolle wie diesem sind Ärzte in der Lage, ihren GA-Patienten alle Vorteile der Komplementinhibition zu eröffnen, ohne sie den potenziellen unerwünschten Ereignissen einer exsudativen Neovaskularisation auszusetzen.

Seit Jahren werden choroidale Veränderungen mit der GA-Pathogenese in Verbindung gebracht. Doch erst jüngere OCTA-Studien belegen, dass Veränderungen der Choroidea einer GA vorangehen.7 Die Reduzierungen des Blutflusses in der Choriocapillaris, die in der OCTA visualisiert werden, sind meistens größer als die klinischen GA-Läsionen. In der Längsschnittüberwachung zeigte sich, dass sich die GA-Läsionen eher auf die Bereiche mit den stärksten Reduzierungen des extramarginalen Blutflusses in der Choriocapillaris ausweiten. Diese einzigartigen Möglichkeiten der OCTA zur Visualisierung der Choriocapillaris liefern wichtige differenzielle und prognostische Indikatoren, die dazu beitragen können, die GA-Behandlung individuell auf einen Patienten abzustimmen.

Ähnlich wie die strukturelle OCT das Imaging der Retina und der Choroidea revolutioniert hat, wird die OCTA auch die Beurteilung der Gefäße von Retina und Choroidea ganz neu definieren. Im Zeitalter der Behandlungsmöglichkeit der GA wird das MNV-Screening zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ärzte werden sich immer stärker auf OCTA-Systeme wie CIRRUS mit AngioPlex® von ZEISS verlassen, um ihre Patienten bestmöglich zu versorgen und ihre AMD-Patienten vor einem Verlust ihrer Sehkraft zu bewahren.


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  • 1

    Ferris Frederick L, Fine Stuart L, Hyman Leslie. „Age-related macular degeneration and blindness due to neovascular maculopathy.“ Archives of Ophthalmology 102.11 (1984): 1640–1642.

  • 2

    Laiginhas Rita et al. „Nonexudative macular neovascularization–a systematic review of prevalence, natural history, and recent insights from OCT angiography.“ Ophthalmology Retina 4.7 (2020): 651–661.

  • 3

    Liu Tin Yan A, Shah Ankoor R, Del Priore Lucian V. „Progression of lesion size in untreated eyes with exudative age-related macular degeneration: a meta-analysis using Lineweaver-Burk plots.“ JAMA Ophthalmology 131.3 (2013): 335–340.

  • 4

    Ho Allen C et al. „Baseline Visual Acuity at Wet AMD Diagnosis Predicts Long-Term Vision Outcomes: An Analysis of the IRIS Registry.“ Ophthalmic Surgery, Lasers and Imaging Retina 51.11 (2020): 633–639.

  • 5

    Ho Allen C et al. „The potential importance of detection of neovascular age-related macular degeneration when visual acuity is relatively good.“ JAMA Ophthalmology 135.3 (2017): 268–273.

  • 6

    Comparison of Age-related Macular Degeneration Treatments Trials (CATT) Research Group. „5-year outcomes with anti-VEGF treatment of neovascular age-related macular degeneration (AMD): the comparison of AMD treatments trials.“ Ophthalmology 123.8 (2016): 1751.

  • 7

    Müller Philipp L et al. „Optical Coherence Tomography-Angiography in Geographic Atrophy.“ Ophthalmologica 244.1 (2021): 42–50.